Selbstbau eines Handweichenantriebes

Ursprünglich dachte ich, ich werde meine Module voll digital ausstatten. Auch die Weichenantriebe mit Servomotoren und allem Pi-Pa-Po. Inklusive selbst gebautem Gleisbildstellpult. Die Bauteile von Fichtelbahn nach den Standards von OpenDCC haben es mir angetan. Opensource... auch auf der Modellbahn. Ja, das ist genau meines.

In unserem Modellbahnverein Schmalspur Modulbaugruppe wird digital gefahren. Die Bahnhöfe jedoch kann jeder nach Belieben überwachen, betreiben wie er will. Und in meinem Verein bin ich dann auf die Idee gestoßen, dass – so wie im Vorbild – die Weichen ortsbedient werden könnten. Auf Schmalspurbahnen gibt es keine zentralen Stellwerke oder gar Gleisbildstellpulte. Auf meiner Steyrtalbahn schon gar nicht. Und auf gar keinen Fall gab es derartiges im Vorbildbahnhof Agonitz, der aktuell im Bau ist.

Der Bahnhof Agonitz war eine Zeit lang in der 3. Bauphase sogar Endpunkt der Steyrtalbahn, bis die Strecke dann bis Klaus an der Pyhrnbahn verlängert wurde. Ich habe bloß 2 Bilder aus der Zeit auftreiben können, als dieser Bahnhof tatsächlich noch ein Bahnhof war. Man erkennt die originalen Weichenantriebe mit Stellstange und Pedalverschluss. Die Rangiermannschaft musste also wirklich zur Weiche gehen und diese von Hand umstellen.

Da mein Modell ein zeitlicher Kompromiss ist (Epoche im Verein ist 1970er- 80er-Jahre) wo Agonitz all seiner Gleise, Weichen und Gebäude bereit beraubt wurde und eine breite Bundesstraße mitten übers Bahnhofsgelände gebaut wurde (auch interessant, es war dort die einzige Schrankenanlage der Steyrtalbahn in Betrieb), passt mein Bahnhof gar nicht dazu. Also habe ich mich entschlossen, das schönste aus allen Welten zu kombinieren. Die Weichen kriegen den auf der Steyrtalbahn üblichen Weichenstellbock “Zeltweg” mit Blechschildern statt Weichenlaternen. Ob es die hohen oder die niedrigen werden, hab ich mich noch nicht entschieden. Wahrscheinlich werde ich zwei so und die anderen beiden anders ausführen... Was dem Gebrauch auf der Steyrtalbahn durchaus nahe kommt. Übrigens, eine Weiche mit Pedalverschluss und Stellstange hat in der Heizhausanlage in Garsten bis zur Einstellung überlebt.

Inspirationsquellen

Für die Weichenantriebe selbst fand ich verschiedenste Ausführungen. Eine einfache Stange, welche mit einem Knopf hin und her geschoben wird und dessen Stellweg und Endlage durch einen Kippschalter festgelegt wird. Mit einer Lüsterklemme wird ein Stahldraht montiert, der dann die Stellschwelle bewegt.

Eine weitere Ausführung mit einer sehr aufwändigen Mechanik aus Holz fand ich bei den “Waldbahnern” aus Tschechien beim SMBG-Fahrbetrieb in Haag in Niederösterreich am Palmsonntagswochenende 2019.

Die schönste Lösung hat mir ein Kollege aus dem Verein verraten. Die [Site www.silva-nortica81.at] (https://web.archive.org/web/20200922213134/https://www.silva-nortica87.at/modellbahn/fr%C3%BChere-projekte/weichenmechanik/) ist leider nicht mehr online, sondern nur mehr über das Webarchiv erreichbar. Das dazugehörige Video gibt es noch.

Mit meinen bescheidenen technischen Mitteln (Akkuschrauber zum Bohren, kein Bohständer für präzise Löcher...) war an die Realisierung aber nicht zu denken. Erste Versuche mit Holzklötzchen scheiterten schon an geraden Bohrlöchern... Im Stummiforum sah ich im grandiosen und legendären Thread “Gleiswüste” die Videos des Users wolferl65 über die Bahnsteigdächer. Dort sah ich, wie einfach es eigentlich ist, mit einem Gaslökolben und ein paar kleinen Hilfsmitteln von Fohrmann wie der Lötplatte und den Löthaken, kleine Konstruktionen aus Messing zu bauen. Also kam ich auf die Idee, die Weichenmechanik von silva-nortica87 nachzubauen. Dazu musste ich aber erst lernen, wie man wirklich ordentlich lötet. Anfangs viel zu heiß perlte das Lötzinn von den deutlich zu groben Bauteilen einfach ab, ohne sich zu verbinden. Endlich hatte ich eine erste Variante ähnlich wie die von silva-nortica87.at fertig und stellte sie voll Stolz im Stummiforum ein. Es funktionierte!!!

Da ich einfach nicht zufrieden war, wie ich die ganze Umlenkmechanik an den Schwingel anschließen sollte, und mich nix recht befriedigte, blieb es bei diesem Versuch. Ein User im Stummiforum meinte noch, er würde es auch nachbauen, aber mit “weniger Bauteilen”... Das brachte mein Konzept schließlich zu Fall und ich überdachte es noch einmal... mit /weniger Bauteilen/ und wurde fündig.

Ich konnte meine bereits aufwändig gelöteten und störungsanfälligen sowie auf unpräzisen Einbau anfälligen Messingkonstruktionen mit einem kleinen Umbau weiterverwenden und es entstand die deutlich freundlichere und stabilere Version 2

Im Video sieht man den linken Antrieb in Version 1 und in Aktion den rechten in Version 2

Die Konstruktion ist teilweise recht schwierig zu löten. Vor allem rechte Winkel zu schaffen, wenn ein Messingrohr auf einem Messingwinkel einfach nur aufliegt. Die kleinen “Wurmfortsätze” beim Bleigewicht scheinen mir auch unzulässige Drehmomente zu erzeugen, und überhaupt schaut es noch /patschert/ aus. Aber auch die einfachere Version funktioniert. Und sie funktioniert deutlich tadelloser als Variante 1.

Als Weiterentwicklung von Version 2 entstand nun Version 3. Noch weniger Bauteile, einfachst zu Löten, schön zu montieren, justierbar in der Höhe, zerlegbar, wartbar, reparierbar... eine einzige Lötstelle muss präzise im rechten Winkel ausgeführt werden und es sind in Summe nur mehr 4 (ok, gut, es sind 5, wenn man das Gewicht noch mitrechnet) Lötstellen, dafür mehr “Stellringe”, die es um kaum ein Geld bei Lindinger zu kaufen gibt. Ich benötige zusätzlich noch zwei verschiedene Messingrohre mit unterschiedlichem Durchmesser, ein L-Winkelprofil und ein I-Profil.

Bastlerherz, was willst du mehr?

Und nun das Video zur finalen Version 3

Ein ausführlicher Baubericht mit Kommentarfunktion ist auf meinem Lemmy zu finden. Das Update mit der Variante 3 ist in diesem Kommentar zu finden.