Herzstückpolarisation und die Probleme

Märklinfahrer habens gut. Sie müssen sich mit dem 3-Leiter-System keine Sorgen um Kehrschleifen oder Weichenherzpolarisation machen. Alle anderen schon.

Besonders bei 2-Leiter Gleisen im Digitalbetrieb steht die ganze Anlage, wenn eine Weiche von der “falschen” Seite aufgefahren wird. Im Heimbetrieb, auf einer kleinen Anlage, wo eine Handvoll Züge unterwegs sind, ist das jetzt nicht das große Problem. Man kann den Übeltäter in der Regel auch schnell ausfindig machen, und die Weiche entsprechend stellen.

Geht man aber zu großen Modulanlagen, die ganze Turnhallen füllen, so ist ein Kurzschluss schon ein Drama. Besonders wenn auch noch Ausstellungsbetrieb mit Besuchern herrscht. Da steht dann die gesamte Anlage, nur weil die Fahrstraße nicht korrekt gestellt und gesichert war. Manche Digitalsysteme (wie z.B. die Fichtelbahn-Booster mit opendcc) sind zumindest so konfigurierbar, dass nur der eine Booster abschaltet, in dessen Versorgungsbereich der Kurzschluss stattfand, ob andere das auch so können, entzieht sich mir mangels Erfahrung. Es ist und bleibt dennoch lästig.

So dachten wohl auch die Entwickler bei Tam Valley Depot, welche einen “Frog-Juicer” entwickelten, der im Millisekundenbereich das Herzstück abtastet und auch so schnell umschaltet. Ganz ohne Mechanik. Rein elektronisch. Und bei uns im Verein werden diese Frog-Juicer auch erfolgreich eingesetzt. Allerdings mit Lenz- bzw. Uhlenbrock-Digitalsystemen. Also habe ich mir für den Betrieb meiner Module als Heimanlage auch solche Frog-Juicer zugelegt und freute mich lange darauf, endlich eine erste Probefahrt über meinen ersten Bahnhof Agonitz...

Die Enttäuschung

Viel zu schön hab ich mir das erste Fahrerlebnis vorgestellt. Das Umschalten der Polarisation erfolgte nicht so, wie beschrieben – und wie ich es auch vom Verein kannte.

Aber seht selbst:

Die Lok bleibt stehen, der Booster melden “SHORT_CUT”. Nach einem kurzen Timeout schaltet der Booster wieder ein, und die Lok fährt – weil ja die Polarisation nun stimmt – weiter.

Ein Polarisationswechsel innerhalb von ungefährt 5 Sekunden ist kein Problem. Da wechselt die Polarisation so schnell, dass der Booster in der Tat nicht reagiert. Aber nach den ~5 Sekunden Wartezeit gibt es einen Kurzschluss. So als ob ein Kondensator für die Erkennung der Polarität zu lange benötigt um sich zu entladen, und da dedektiert der Booster schon den Kurzschluss.

Ich hab im Opendcc-Forum deswegen angefragt und gelernt, dass man Kurzschlüsse – und wenn sie noch so kurz von Dauer sind – immer Vermeiden muss. Der Booster entlädt sich bei einem Kurzschluss mit ~70W – eine Leistung die man schon zum Löten verwenden kann. Damit sind Brandspuren auf Schienen und Rädern unvermeidlich.

Ich habe dann mit einer sehr feinen und spitzen Pinzette getestet und gesehen, dass der Umschaltvorgang nach Ablauf der 5 Sekunden durchaus die Millisekunden-Länge übersteigt und schon bis zu einer halben Sekunde dauern kann, wo die Spitzen brutzeln und blitzen.

Rückmeldeproblem

Leider kann ich mangels Rückmeldebaustein – ich benötige zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Rückmeldung – das in die Diskussion eingeworfene Problem teste. Durch die Bauweise, dass die Frog-Juicer ihre Energie zur Überwachung aus dem Gleis beziehen, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Rückmeldeabschnitte mit Weichen dauerhaft als belegt gemeldet werden, da eben auch dauerhaft Last dranhängt.

Lösung

Vielleicht wäre es eine mögliche Lösung, die Abschaltzeit des Boosters im Kurzschlussfalle etwas zu erhöhen. Wirklich elegant ist das aber nicht, da trotzdem ein hoher Kurzschlussstrom fließen würde, der entsprechend Leistung an der Rad-Schiene-Kontaktfläche verbrät. Sollte das aber dennoch funktionieren (ich habe es noch nicht getestet), bleibt immer noch das Rückmeldeproblem ungelöst.

Insoferne hab ich mich dazu entschlossen, die Frog-Juicer wieder zurückzugeben. Der Händler Austromodell hat die Bauteile auch anstandslos zurückgenommen – und sofort die Website um den Hinweis ergänzt, dass diese mit GBMBoostern von Fichtelbahn nicht kompatibel sind. Im Übrigen möchte ich diesen Händler besonders erwähnen. Der Kontakt war äußerst freundlich, die Lieferungen rasch, auch die Reklamationen anstandslos. Ich bin sehr positiv überrascht und erfreut.

Ich habe die ursprünglich geplanten Microschalter zur Herzstückpolarisation dann doch eingebaut, und muss jetzt darauf achten, dass die Fahrstraßen auch korrekt gestellt sind, bevor ich eine Weiche befahre. Aber das muss man bei der Eisenbahn ja sowieso.

Nachtrag

Ebenso kann ich fichtelbahn sehr empfehlen. Der Kontakt zum Hersteller/Händler läuft einerseits über den Webshop und Email, andererseits kann man mit den Entwicklern direkt im opendcc-Forum in Kontakt treten und Probleme und Wünsche besprechen. In bestimmten Fällen gibt es sogar Sonderanfertigungen.

Auch wenn die Erfahrung mit den Frog-Juicern jetzt in meinem speziellen Fall nicht die besten waren, habe ich wieder einiges gelernt und zwei ausgezeichnete Online-Händler für Modellbahn kennen und schätzen gelernt.

Diksussion

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